Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung ist in § 370 der Abgabenordnung geregelt. Neben den dort nominierten Tathandlungen, also der unrichtigen und unvollständigen Tatsachenangabe bzw. das pflichtwidrige in Unkenntnis lassen der Finanzbehörden und das Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen, kann bei Eintreten einer Steuerverkürzung bzw. der Erlangung eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils zur Strafbarkeit und damit zur  Verurteilung führen.

In diesem Zusammenhang ist für die Mandanten ein strafbefreiender Rücktritt und die strafbefreiende Selbstanzeige eine sehr gute Möglichkeit der Verteidigung.

Im Hinblick auf den Rücktritt ist zu unterscheiden zwischen der Rücktritt vom unbeendeten tauglichen Versuch, dem Rücktritt vom beendeten tauglichen Versuch sowie dem Rücktritt um untauglichen und unerkannt fehlgeschlagenen Versuch. Wird also im Versuchsstadium die weitere Tatausführung aufgegeben, die Vollendung des Taterfolges verhindert oder sich zumindest ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern, kann Straffreiheit im Sinne des § 371 Abgabenordnung erlangt werden.

Daneben besteht die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 Abgabenordnung.

Die Selbstanzeige blickt auf eine interessante Historie zurück. Bereits im Preußischen Einkommensteuergesetz von 1891, dem Oldenburgischen Einkommensteuergesetz von 1906 und dem Württembergischen Einkommensteuergesetz von 1903 kannte dieses Instrument. Wurden unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, trat eine strafbefreiende Ausnahme ein, wenn der Steuerpflichtige die Angaben vor einer Anzeige oder Einleitung eines Strafverfahrens berichtigt oder ergänzt und die Steuer nachgezahlt hat. Auch die spätere Reichsabgabenordnung von 1919 enthielt in § 374 das Rechtsinstitut der strafbefreienden Selbstanzeige. In jüngerer Vergangenheit wurde die Selbstanzeige mit Wirkung ab dem 03.05.2011 durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz grundlegend umgestaltet. Eine Teilselbstanzeige hatte nicht mehr teilweise Straffreiheit zur Folge. Daneben wurden Sperrgründe verschärft und die strafbefreiende Selbstanzeige grundsätzlich bei Steuerhinterziehung in großem Ausmaß gestrichen. Mit dem Jahressteuergesetz von 2015 wurden weitere Verschärfungen eingeführt. Voraussetzung ist nun u.a., dass auch die Hinterziehungszinsen nachgezahlt werden. Die Einstellung eines Steuerstrafverfahrens ist seither nur bis zu einem Betrag von 25.000,00 € möglich. Jedoch ist es bei einer laufenden Außenprüfung Selbstanzeige zu erstatten, jedoch nur im Hinblick auf die von der Prüfungsanordnung nicht erfassten Jahre.

Sinn und Zweck der strafbefreienden Selbstanzeige sind auf der steuerpolitischen Ebene die nachträgliche Erfüllung der steuerlichen Pflichten und die damit verbundenen Mehreinnahmen. Daneben soll eine Rückkehr zur sogenannten Steuerehrlichkeit ermöglicht werden. Durch die als Voraussetzung genannte Schadenwiedergutmachung wird zunächst das Erfolgsunrecht beseitigt. Das Unrecht, die unrichtige Steuererklärung bzw. die Nichtabgabe einer Steuererklärung, wird in diesem Zusammenhang durch die sich aus Einzelsteuergesetzen ergebenden Verpflichtungen und deren Nachholung getilgt. Die Selbstanzeige beseitigt damit rückwirkend den bereits entstandenen Strafanspruch des Staates. Der Rückfluss von bislang nicht erschlossenen Steuerquellen dürfte dabei jedoch im Fokus der Politik gestanden haben.

Bundesgerichtshof und Literatur sehen in der Selbstanzeige einen persönlichen Strafaufhebungsgrund, was dazu führt, dass er bei jedem tatbeteiligten Steuerpflichtigen selbständig zu prüfen ist.

Der grundsätzliche Anwendungsbereich der Selbstanzeige ist dabei wie folgt strukturiert:

 

1. Gemäß § 371 Abs. 1 und 3 der Abgabenordnung tritt Straffreiheit ein, wenn die Berichtigung und Ergänzung unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben oder die Nachholung unterlassener Angaben sowie in Fällen, in denen die Steuerverkürzung bereits eingetreten ist oder Steuervorteile erlangt wurden, die Nachentrichtung der verkürzten Steuer innerhalb einer bestimmten Frist.

2. Gemäß § 371 Abs. 2 der Abgabenordnung fasst insoweit Ausschlussgründe zusammen, die zu einer Sperre der Selbstanzeige führen.

3. In § 371 Abs. 4 der Abgabenordnung ist der Sonderfall der Fremdanzeige (Selbstanzeige zugunsten eines Dritten) und die daraus resultierende Straffreiheit geregelt.

Die Berichtigung, Ergänzung oder die Nachholung von Angaben führt damit zum Strafaufhebungsgrund gegenüber den Finanzbehörden. Der Anwendungsbereich beschränkt sich dabei auf vorsätzlich begangene Steuerstraftaten. Da der Verweis auf den § 370 Abgabenordnung allgemein gehalten ist, erstreckt sich der Anwendungsbereich der strafbefreienden Selbstanzeige auch auf die Verkürzung ausländischer Abgaben auf die Regelbeispiele, die Form der Beteiligung sowie die versuchte Steuerverkürzung. Entgegen dem eingeschränkten Wortlaut des § 371 Abs. 1 der Abgabenordnung ist Straffreiheit auch bei der Verkürzung der Steuern durch die pflichtwidrige Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstempeln möglich.

Keine Anwendung findet die strafbefreiende Selbstanzeige beim Bannbruch gemäß § 372 Abgabenordnung, dem qualifizierten Schmuggel gemäß § 373 Abgabenordnung sowie der Steuerhehlerei nach § 374 Abgabenordnung.

Rechtsanwalt Klein berät Sie in diesem Zusammenhang bei Fragen rund um das Steuerstrafrecht.