Ärzte und andere Angehörige von Heilberufen sind in ihrer praktischen Arbeit grundsätzlich mit juristischen Problemen konfrontiert. Denn jede im Rahmen des Heileingriffs vorgenommene Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit von Patienten stellt tatbestandsmäßig eine Körperverletzung, teilweise sogar eine gefährliche Körperverletzung dar.

In diesem Zusammenhang kommt auf der Rechtfertigungsebene der Einwilligung eine entscheidende Bedeutung zu. Der Einwilligung geht dabei regelmäßig die ärztliche Aufklärung voraus. Vereinzelt ist auch von einer mutmaßlichen bzw. einer hypothetischen Einwilligung auszugehen, dies wird insbesondere bei Operationserweiterungen problematisch. Schließlich kann der ärztliche Heileingriff durch den rechtfertigenden Notstand gemäß § 34 StGB gerechtfertigt sein.

Im Hinblick auf eine Rechtfertigung durch Einwilligung eines Patienten, so dürfte dies zunächst der Regelfall sein. Die Rechtfertigung der tatbestandsmäßigen Körperverletzung tritt dabei für medizinisch indizierte aber auch für medizinisch nicht indizierte Eingriffe, beispielsweise Schönheitsoperationen, ein. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung sind dabei

1. die Disponibilität des Rechtsgutes

2. die Verfügungsberechtigung des Einwilligenden

3. die Erteilung vor dem Heileingriff

4. die Einsicht und Urteilsfähigkeit des Patienten

5. kein Vorliegen von sogenannten Willensmängeln

6. die Einwilligung muss auf eine hinreichende Informationsbasis beruhen (Aufklärungspflicht)

7. der behandelnde Arzt muss auf Grundlage der Einwilligung handeln

8. der Eingriff darf nicht sittenwidrig sein (§ 228 StGB).

In diesem Zusammenhang kommt der ärztlichen Aufklärung erhebliche Bedeutung zu. Die Voraussetzungen einer wirksamen Aufklärung sind dabei grundsätzlich die folgenden:

1. die Verschaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage, um eine selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen

2. eine inhaltlich zutreffende Aufklärung mit der Benennung der möglichen Auswirkungen eines Eingriffs

3. die Rechtzeitigkeit der Aufklärung

4. grundsätzliche Formlosigkeit

5. die Aufklärung muss durch den Aufklärungspflichtigen erfolgen.

In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu praktischen Problemen bei der Aufklärung, da Ärzte in der Regel weder Zeit noch die Möglichkeit haben, in der gegebenenfalls gebotenen Reichweite über den bevorstehenden Eingriff zu informieren.

Liegt die Einwilligungsfähigkeit des Patienten beispielsweise aufgrund von Bewusstlosigkeit nicht vor, kommt die mutmaßliche Einwilligung in Betracht. Diese setzt erst einmal grundsätzlich voraus, dass eine Einwilligung des Patienten nicht oder nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Daneben muss sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten entsprechen. Genau hier liegt die Schwierigkeit dieser Rechtfertigungsvariante, denn es kommt anders als beim rechtfertigenden Notstand nicht auf eine objektive Abwägung der Güter- und Interessenslage an. Vielmehr ist ein Wahrscheinlichkeitsurteil über den wahren Willen des Patienten zu fällen. Hier muss der behandelnde Arzt alle bekannten Interessen, Bedürfnisse, Wünsche und Wertvorstellung des Patienten einbeziehen. Objektive Kriterien hingegen, also wie ein vernünftig handelnder Patient entscheiden würde, können nur berücksichtigt werden, wenn keine anderen Anhaltspunkte für den wirklichen Willen des Patienten vorliegen.

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang auch die hypothetische Einwilligung. Dabei wird gefragt, ob der Patient bei pflichtgemäßer Aufklärung in den Heilbegriff eingewilligt hätte. Dies hat zur Folge, dass ein Aufklärungsmangel nur dann zur Rechtswidrigkeit eines Heileingriffs führt, wenn er bei ordnungsgemäßer Aufklärung eine Einwilligung nicht erteilt hätte. Dies ist allein deshalb problematisch, weil es regelmäßig zu Beweisschwierigkeiten führt. Wie soll man feststellen, ob ein Patient bei pflichtgemäßer Aufklärung eingewilligt hätte? Irrtümliche Annahmen von hypothetischen Einwilligungen könnten nicht ausgeschlossen werden, was im Ergebnis das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gefährden würde.

Schließlich kommt die Rechtfertigung durch den rechtfertigenden Notstand in Betracht. Die Voraussetzungen hierfür sind ein notstandsfähiges Rechtsgut und die gegenwärtige Gefahr für eben dieses. Hier wird es regelmäßig um die körperliche Unversehrtheit bzw. sogar das Leben eines Patienten gehen. Der als Notstandshandlung durchgeführte ärztliche Heileingriff muss in diesem Zusammenhang objektiv erforderlich sein. Das bedeutet, dass keine weniger belastende aber ebenso wirksame Methode vorliegt, um die Gefahr abzuwenden. Sodann ist in einer Güter- und Interessenabwägung danach zu fragen, ob das geschützte Interesse, also das Leben bzw. die Gesundheit eines Patienten, das beeinträchtigte Interesse, hier das Selbstbestimmungsrecht, wesentlich überwiegt.

Die Rechtfertigung eines medizinischen Heileingriffs ist insbesondere beim Vorliegen einer Patientenverfügung problematisch, da er einen festgelegten Willen enthält, der vom Arzt grundsätzlich zu beachten ist. Daneben bergen Operationserweiterungen regelmäßig Probleme im Hinblick auf die Rechtfertigung. Denn der Bundesgerichtshof vertritt die Auffassung, dass, sofern keine Aufklärung über eine mögliche Operationserweiterung erfolgt ist, den Tatbestand einer Körperverletzung erfüllt. Hier ist besonders sorgfältig zu prüfen, welcher der oben genannten Rechtfertigungsgründe einschlägig ist, um eine mögliche Verurteilung abzuwenden.

Rechtsanwalt Klein berät sie in diesem Zusammenhang bei Fragen rund um das Medizinstrafrecht.